Nachdem wir letzten Samstag eine Geburtstagsparty zum 1. Geburtstag unserer Tochter Vivienne organisiert haben, kam mir die Idee Euch aufzuzeigen, wie das bei uns so läuft und welche Spagate wir machen müssen, um zu einer bestimmten Zeit mit zwei schön gekleideten Kindern,
die gekämmte Haare und saubere Hände haben, mit einem lockeren, strahlenden Lächeln in der Türe zu stehen und Gäste zu empfangen. Für uns ein ganz normaler Wahnsinn!
Einen Wecker braucht’s nicht
Das Menu ist notiert, die Einkäufe sind gemacht, die Geburtstagstorte kreierte Gregor, mein Mann (!) gestern Abend mitsamt einer schönen Eins, welche er mit einer unvorstellbaren Genauigkeit, die nur Männer an den Tag legen können, aus Rollfondant ausstach und modellierte. Es wartet aber noch viel Arbeit auf mich, es empfiehlt sich also möglichst früh mit allem anzufangen, damit die Zeit auch für alles reicht. Einen Wecker braucht’s bei uns nicht, um 06:30 höre ich das erste «Mami, Sirup!» und im Bettchen nebenan das erste «Dadadada».
Abfallentsorgung par excellence
Gregor ist ein wahrer Goldschatz. Er steht nachts bei verloren gegangenen Schnullern genauso auf wie ich, er übernimmt abends und am Wochenende seine Vaterrolle zu 100 %, ist nebenbei ein absolutes Genie im Erstellen von komplexen Heimnetzwerken, Reparieren von kaputten Haushaltsgeräten, er kann Computer auseinandernehmen, Handys reparieren, kann aber auch köstliche Babybreie zubereiten, Schokoladenkuchen backen und zwischen all diesen Talenten versteht er auch noch die Weltpolitik, den Finanzmarkt und kann sich jederzeit mit Kollegen über die gestrigen Resultate in Pyeonchang im Frauen Ski Freestyle unterhalten. Gut soweit. Zu seinen Aufgaben im Haushalt gehören eigentlich nur die Abfallentsorgung mitsamt Altpapier und Altglas. Diese Aufgabe nimmt er vor allem an Tagen wahr, an denen wir Besuch bekommen. Wie zu erwarten hält er sich also während den Vorbereitungen für Vivienne’s Geburtstagsparty auf dem Entsorgungsplatz unserer Gemeinde auf. Natürlich ist sein Auto wie immer, wenn wir Besuch erwarten, völlig verstaubt, weshalb er auch noch die Autowaschanlage besucht und jeden Zentimeter des goldbraunen Autolacks eigenhändig und unermüdlich poliert.
Alleine mit Kind und Kegel
Währenddessen darf ich mich mit zwei hungrigen Kleinkindern rumschlagen, welche nach meiner Aufmerksamkeit lechzen und sich gegenseitig herumschubsen. Zwischendurch muss ich mich im Eiltempo um meine Brokkoli-Feta-Wähe kümmern, Poulet-Käse-Schnitzel für die kleinen Gäste vorbereiten, einen Kräuter-Dip zubereiten, Gemüsestreifen schneiden, Tomaten-Mozzarella-Sticks vorbereiten, Chips und Goldfische in Schüsseln füllen, den Weisswein kaltstellen, Rimuss und Apfelsaft auftischen und Sirup in einem Krug vorbereiten. Uuuups schon 12 Uhr! Die Zeit rennt.
Mama kommt zum Schluss
Ich brauche etwa 20 Minuten, um mich von einem Morgenmantel tragenden, müde ausschauenden Etwas in eine einigermassen frisch aussehende Frau zu verwandeln. Auch wenn ich zuletzt komme, brauche ich diese Zeit unbedingt. Spätestens dann müssen die Kinder sich auf dem Badezimmerboden alleine beschäftigen oder, wenn sie sich schreiend an meine Beine hängen, das Badezimmer verlassen. Augenringe – abdecken! Bleiches Gesicht – etwas Make-up! Nagellack – oje, vergessen! Hab aber zum Glück einen Nagellack, der in nur einer Minute trocknet. Nachdem ich mich also in ein knitterfreies Kleid geworfen habe, passenden Schmuck ausgewählt habe, meine Haare einigermassen in Form gebracht habe und mir ein leichtes Wochenend-Make-up herbeigezaubert habe, lackiere ich mir zwischen Tür und Angel noch schnell die Fingernägel.
Hereinspaziert!
Die ersten Gäste verspäten sich ganze 7 Minuten – genug Zeit, um noch schnell die Fingerabdrücke auf unseren Wohnzimmermöbeln wegzuwischen. Hochglanz sieht zwar schön aus, ist in einem Kinderhaushalt leider praktisch immer dreckig. Die Badezimmer habe ich gestern schon gründlich geputzt. Habe ich was vergessen…? «Ding Dong!» läutet es an der Tür. Sofort springt mir Vivienne auf den Arm, Charlotte stellt sich aufgeregt neben mich, wir setzen unser schönstes Lächeln auf und öffnen die Tür. «Hereinspaziert!» rufe ich gut gelaunt. Unser Zuhause ist aufgeräumt, als hätten wir eine Putzfrau, meine Nägel sind gepflegt, als hätten sie niemals ein Spültuch gehalten und mein Schmuck passt farblich zu meinem Outfit, als würde ich mich vor allem mit Stylingfragen beschäftigen. Die Kinder sehen zuckersüss aus, die Strumpfhosen passen zu den Kleidchen und rosarote Haarbänder küren die gekämmten, dunkelblonden Locken.
Anstrengend, aber möglich
Für die Gäste sieht es aus, als hätten wir es voll im Griff. Doch mir geht es nicht darum vorzugeben, dass wir aussergewöhnliche Superhelden sind, vielmehr ist es eine persönliche Herausforderung, ein Fest trotz schreiender Kinder, die sich genau während des Kuchenbackens nörgelnd an meine Beine hängen, zu schaffen. Trotz des Schlafmangels, trotz fehlender gebügelter Blusen, trotz des auf dem Kinderbett ausgeschütteten Apfelsafts, trotz der zertretenen Kekse um den Couchtisch. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit und ein Wettlauf mit den eigenen Anforderungen. Sind die letzten Gäste gegangen, bleibt ein gutes Gefühl wie früher in der Schule nach dem Sporttag – die Mühen haben sich gelohnt, man fühlt sich gut, man hat sich mobilisiert, etwas schier unmögliches möglich gemacht. Wunderbar!
Die nächste Party aber bitte erst in ein paar Monaten wieder.
Herzlichst,
YoungMum