Immer mehr Eltern entscheiden sich auch aus nicht-religiösen Gründen für Pateneltern. Sie wünschen sich für ihr Kind eine Bezugsperson, die ein Stück des Lebenswegs des Kindes mit ihm geht. Die Patenschaft ist nicht bindend, somit kann sie auch frei interpretiert und gelebt werden. Dabei hat wohl jeder Pate eine eigene Ansicht davon, wieviel er in diese Beziehung hineinstecken möchte. Vom blossen Gefallen für die Eltern, über die Angst «nein» zu sagen, bis hin zum liebevollen Freund, der eine wichtige Rolle im Leben des Kindes spielt – es gibt wohl alle möglichen Arten der Beziehung zwischen Paten und Patenkind. Welche Erwartungen haben wir an Pateneltern?
Unsere Erwartungen an die Patenschaft
Jeder von uns hat bestimmte Erwartungen an den Götti oder das Gotti, die von der Gesellschaft oder von der Familie geprägt sind. Diese unterscheiden sich je nach dem, ob ein christlicher Hintergrund besteht oder nicht:
Die Taufe
Am grossen Tag der Taufe sind die Paten neben dem Täufling und den Eltern die Hauptpersonen. Die Kirche erwartet aber mehr als blosse Anwesenheit an der Taufe: Paten sollen eine wichtige Aufgabe beim Heranwachsen des Kindes übernehmen. Ein Auszug aus dem Kirchenrecht verrät: Aufgabe des Paten ist es, den Täufling «zusammen mit den Eltern zur Taufe zu bringen und auch mitzuhelfen, dass der Getaufte ein der Taufe entsprechendes christliches Leben führt und die damit verbundenen Pflichten getreu erfüllt» (CIC, Can. 872).
Ein Bekannter wurde vor einigen Jahren von einer Freundin gefragt, ob er nicht der Götti für ihren Sohn sein wollte. Er erklärte ihr, dass er aus verschiedenen Gründen keine Patenschaft übernehmen will. Sie verstand es, bat ihn aber trotzdem darum um den Gefallen, da sie keinen Taufpaten hatte. Er übernahm das Amt unter diesen Umständen, aber entbindet ihn das jetzt von den Pflichten eines Taufpaten? Er meint ja – für das Kind ist es trotzdem traurig, einen Götti zu haben der ausser dem Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk kein richtiger Teil seines Lebens ist.
Geschenke
Ich erinnere mich noch an damals, als ich 8 Jahre alt war und mein Götti meine Mutter vor meinem Geburtstag fragte, was ich denn brauchen würde. Die Antwort war «Schlittschuhe». Bei schönen, weissen Schlittschuhen aus Leder handelt es sich wohl um eines der grösseren Geschenke, die man vom Götti bekommen kann. Vor allem im Vergleich zu einem Malbuch. Es kommt immer wieder vor, dass Paten «die grossen Sachen» schenken, wie Laufräder oder Fahrräder. Als hätten sie bei der Zustimmung zur Patenrolle auch der Verpflichtung zugestimmt, Teil der Velodiskussion zu werden. Gute Freunde ohne eigene Kinder oder Familienmitglieder werden das nötige Kleingeld für teure Geschenke wohl eher aufbringen als andere Personen. Neben den Geburtstags- und Weihnachtsgeschenken wird gerne auch ein Bankkonto für das Patenkind angelegt.
Es gibt auch Geschenke, die traditionsgemäss vom Götti oder vom Gotti gekauft werden. Das wäre z.B. die goldene Halskette mit Engelsanhänger zur Taufe, das Znünitäschli für den Kindergarten, der Schulranzen für die Einschulung. Daneben darf das einfallsreiche Osternest und der Adventskalender natürlich nicht fehlen. Dies wird umso mehr erwartet, umso weniger Zeit sich der Pate für das Kind nimmt.
Gemeinsam Zeit verbringen
Das ist wohl der Wunsch aller Eltern, dass Pateneltern auch mal Zeit mit dem Kind verbringen, an ein Fussballspiel gehen, den Europapark oder den Zoo besuchen oder in den Kletterpark gehen. Sind bleibende Erinnerungen nicht mehr wert als teure Geschenke? Meine Tochter Vivienne konnte sich beim letzten Besuch ihres Göttis kurz nicht mehr an seinen Namen erinnern, was ihn zu verletzen schien. Doch was kann man von einem 3-jährigen Kind erwarten, dass den Götti 2 Mal im Jahr sieht? Auch ich wünsche mir für meine Kinder Paten, die eine wichtige Rolle im Leben des Kindes übernehmen und Bezugspersonen werden. Leider weiss man im vornherein nicht, wie sich die Beziehung entwickelt. Wenn die Patenschaft eher aus Freundschaft als aus Überzeugung angenommen wurde, wird der Pate wohl weniger bereit sein, das Kind an einem Samstagnachmittag abzuholen.
Paten aus der Familie
Bei vielen kommen die Paten aus der Familie, da Freunde im Leben kommen und gehen. Der Familie wird man genug Vertrauen schenken, um ihnen die Kinder im Notfall anzuvertrauen. Paten aus dem Freundeskreis zu wählen ist nicht immer einfach, zumal die Freundschaft bei einem «nein» zerbrechen könnte oder auch an den Erwartungen, die nicht immer erfüllt werden.
Wie so oft im Leben löst man Unstimmigkeiten am besten mit einem direkten Gespräch. Wer das nicht möchte, wird wohl lernen müssen, eine lockere Erwartungshaltung einzunehmen und vom Götti und dem Gotti nicht mehr zu erwarten als das, was er oder sie geben möchte.
Herzlichst,
YoungMum