Alleinerziehende haben es streng. Ihre Lebenssituation ist in vielen Fällen schwierig, wie unlängst eine von der Caritas in Auftrag gegebene Studie der Universität Bern zur Lebenswirklichkeit von Alleinerziehenden zeigt. Das Ergebnis: jede sechste Einelternfamilie ist von Armut betroffen, das sind 16,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Hausaufgaben kontrollieren, Elternabende, Arztbesuche, Spielplatz, Zeit für die Kinder, Kinder zu ihren Hobbys begleiten, Haushalt führen, die Liste der Aufgaben ist lang. Da das Geld trotz strikter Budgetplanung oft nicht reicht, verzichten Alleinerziehende oft auf Kleider oder eigene Hobbies und kaufen den Kindern gebrauchte Sachen.

Depressionen und Ängste

Alleinerziehende kommen an ihre Grenzen. Lisa, alleinerziehende Mutter von Tochter Sarah, hat ausser dem Vater ihrer Tochter, ihrem Ex-Partner, keine anderen Bezugspersonen. Sie ist auf sich allein gestellt. Als ihr Ex-Partner seine Arbeit verlor und die Alimente daraufhin während 9 Monaten ausfiel, fiel sie in eine Depression. Sie selbst hatte weder ein Einkommen, noch Anspruch auf Arbeitslosengeld. Hinzu kam, dass sie verzweifelt auf Jobsuche war und nichts als Absagen bekam. Die tägliche Last führte zu Stress, Ängsten, Überforderung und gesundheitlicher Beeinträchtigung. Zeit zur Erholung fehlte völlig. Wenn ihre Tochter schwierige Phasen durchlebte, fehlte ihr das Gegenüber, um das Problem zu besprechen.

Kinder sind benachteiligt

Auch wenn es die Kinder möglichst nicht spüren sollen – am Schluss sind sie doch benachteiligt. Durch fehlende finanzielle Mittel können Kinder keinen Turn- oder Tanzunterricht besuchen, die Musikschule bleibt oft unerschwinglich. Ferien sind kaum möglich und Freizeitaktivitäten richten sich nur nach den Kosten. Oft fehlt auch das Geld für Geburtstagsgeschenke an Kindergeburtstagen, weshalb Kinder in der Gemeinschaft zu Aussenseitern werden können. Nicht zuletzt sehen Kinder jeden Tag die Schwierigkeiten zuhause im Alltag und spüren die negative Atmosphäre.

Das neue Unterhaltsrecht

Teilen sich Paare die Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit schon vor der Trennung, erübrigen sich viele Probleme, sagt der spezialisierte Anwalt Thomas Gabathuler im Interview mit watson. «Im Idealfall können so nach einer Trennung beide Elternteile weiterhin für das Kind da sein und ihrem Job nachgehen – und keiner ist dem anderen finanziell etwas schuldig.» Unverheiratete Paare können analog eine ­gemeinsame Erklärung der ­Eltern an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes einreichen und sich aussergerichtlich einigen.

Das Problem entsteht meist dann, wenn Paare während ihrer gemeinsamen Zeit eine traditionelle Rollenverteilung lebten und die Situation nach der Trennung nun komplett anders aussieht. Dann nämlich hat die erziehende Person ein Anrecht auf das Existenzminimum, wie der Tagesanzeiger berichtet. Das neue Unterhaltsrecht brachte Anfang 2017 Gleichberechtigung. Kinder von ledigen Eltern sollen nicht mehr schlechter gestellt sein als solche von verheirateten Eltern.

Der Betreuungsunterhalt

Wie hoch soll der Betreuungsunterhalt sein? Zu ermitteln ist der Betrag, der notwendig ist, um dem betreuenden Elternteil finanziell zu ermöglichen, sich um das Kind zu kümmern. Massstab sind die Bedürfnisse des betreuenden Elternteils, als Basis dient das familienrechtliche Existenzminimum. Der Betreuungsunterhalt soll also so hoch sein, dass die betreuende Person davon leben kann, dass sie ihre Ausgaben wie Essen, Wohnung, Krankenkasse bezahlen kann.

Mütter sollen schneller wieder arbeiten

Heute gilt höchstrichterlich immer noch das sogenannte 10/16-Modell, wonach die hauptbetreuende Person, meistens die Mutter, erst wieder voll arbeiten muss, wenn das jüngste Kind 16 Jahre alt ist. Viele Gerichte haben sich aber schon von dieser Praxis abgewandt, mit der Begründung, diese Regel sei mit Blick auf das neue Unterhaltsrecht nicht mehr sachgemäss. In einem von der Tamedia Redaktion recherchierten Urteil wurde bestimmt, dass die betreuende Person wieder zu 50 Prozent arbeiten muss, wenn das jüngste Kind obligatorisch eingeschult wird, also in den meisten Kantonen mit dem Kindergarteneintritt.

Arbeitsstellen für alleinerziehende Mütter sind rar

Bei Müttern mit Migrationshintergrund, die in vielen Fällen keine Ausbildung und somit wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, bleibt dies eine Fiktion. Alleinerziehende Mütter, die eine gewisse Zeit nicht gearbeitet haben, haben es ohnehin schwer, wieder einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen – sie müssen Teilzeit arbeiten, nicht selten im Stundenlohn, mit unterdurchschnittlich kleinen Löhnen und oftmals mit unregelmässigen Arbeitszeiten. Chancen auf eine Festanstellung haben sie aufgrund mangelnder Flexibilität kaum. Für eine Verbesserung der beruflichen Situation wäre oftmals eine Weiterbildung nötig. Wer aber für das Kindeswohl und den Haushalt alleine zuständig ist, wird hierfür wohl keine Zeit und finanzielle Mittel finden.

Es besteht Handlungsbedarf

Caritas weist darauf hin, dass die Rahmenbedingungen für Alleinerziehende in der Schweiz schlecht sind. Es besteht akuter Handlungsbedarf, denn es fehlen Krippen- und Betreuungsplätze, Tagesstrukturen für die Kinder, fair entlöhnte und flexible Teilzeitstellen, wirksame Unterstützung durch die Sozialhilfe und Arbeitslosenversicherung und oft auch die Information über Entlastungsangebote und Beratungsstellen.

Bist du auch alleinerziehend? Hast du Erfahrungen mit dem System in der Schweiz? Teile deine Meinung!

Herzlichst,

YoungMum

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