Es geht tatsächlich auch mit zwei Kindern, auch wenn es manchmal schwer ist. „Wie schafft ihr das bloss?“ Diese Frage wird mir und meinem Mann regelmässig gestellt. Vor allem wurde sie mir noch während der Schwangerschaft von etwa 90% aller Personen gestellt, die von meiner Schwangerschaft erfuhren. Einzig Freundinnen, die selber schon mehr als ein Kind haben, gratulierten mir ohne diese Frage herzlich. Warum ist einfach, weil sie nämlich wissen, dass mich wohl eine Herausforderung, aber kein wirkliches Problem erwartet.
Wir sind verwöhnt
Wo früher unsere Grossmütter noch drei, vier Kinder zum Teil unter schwierigsten Bedingungen mehr oder weniger alleine grosszogen, sind heutige Mütter häufig „voll ausgelastet“ mit einem Kind. Bestimmt hat jeder seinen Tagesablauf, seine Beschäftigung, seine Arbeit oder vielleicht sein Hobby, welchem er neben der Kinderbetreuung auch nachgehen möchte. Was ich aber nicht mag, ist Entsetzen in den Augen meines Gegenübers zu sehen beim Thema Familienzuwachs. Sind wir denn so bequem, dass wir morgens etwa nicht zusammen mit den Kindern aufstehen können oder wollen? Graut es uns davor, einen Geschwisterkinderwagen kaufen zu müssen, um einkaufen zu gehen? Oder sind wir etwa nicht in der Lage, zwei Kinder mit etwas zu beschäftigen?
Die heutige Zeit
Wir leben in einer privilegierten Gesellschaft, in der sich viele Leute auch ohne Familie einen 60-80% Job „gönnen“, um mehr Zeit für sich zu haben, um nicht an seine Grenzen zu kommen, um genug Zeit für chinesische Akupunktur zu haben oder vielleicht gar für eine Sprechstunde mit einem Psychologen, welcher helfen soll, depressionsähnliche Zustände zu erleichtern. Natürlich ist da der Stress, welcher mit der Kindererziehung verbunden ist, eine zusätzliche Belastung.
Es ist mehr möglich, als man denkt
Trotzdem bin ich der Ansicht, dass mit etwas mehr Lebensfreude auch die Tatkraft stärker wird und man viel mehr erreichen kann, als man sich zutraut. Bei einem Treffen mit einer sehr sympathischen und gewiss sehr guten Juristin sah ich mich in dieser These bestätigt: sie hat drei Kinder, arbeitet Vollzeit und obwohl sie ab und zu an ihre Grenzen stösst, ist sie doch erstaunt, wieviel sie fähig ist zu machen. Auch traf ich vor einigen Jahren in Nepal auf dem Weg zum Annapurna Base Camp eine sehr nette, fünfköpfige, abenteuerlustige Schweizer Familie. Sie erzählten mir von der schönen, halbjährigen Neuseelandreise, welche die Eltern vor Jahren mit den ersten zwei Kindern machten als diese noch klein waren. Das wäre die schönste Reise ihres Lebens gewesen, meinten sie. Imponiert hat mir vor allem, dass sie sich mit ihren Kindern ins ferne Neuseeland und sogar nach Nepal wagten, wo die Bedingungen zum Teil extrem waren und wo man häufig improvisieren musste.
Es geht tatsächlich auch mit zwei Kindern
Seit einem Monat sind wir stolze Eltern von zwei süssen Kindern. Da ich derzeit noch im Mutterschaftsurlaub bin, widme ich meine Zeit eben Aktivitäten wie spazieren gehen, vorkochen, stillen, Windeln wechseln und so weiter. Der Tag ist immer noch schön und auch wenn manchmal überall Spielsachen herumliegen und die Wäsche vielleicht mal nicht gewaschen ist, so kann ich vieles auch nach 20 Uhr machen, wenn unsere ältere Tochter schläft. Natürlich bleibt nur sehr wenig Zeit für mich. Dies ist der Preis, den ich sehr gerne für meine Familie zu zahlen bereit bin. Und ganz ehrlich: vieles ist eine Frage der Organisation. Auch ich habe noch Zeit für meine Fingernägel und Feuchtigkeitsmasken fürs Gesicht. Kürzlich waren mein Mann und ich an einem tollen Ball und wir schaffen es auch ab und zu eine heisse Schokolade oder einen Prosecco trinken zugehen.
Worin unterscheiden wir uns also von den Leuten, die es „nicht zu streng“ haben möchten, weniger Kinder haben und vielleicht weniger arbeiten? Vielleicht sind sie einfach ein paar Stunden mehr pro Tag mit eigentlich unwichtigen Problemen oder Anliegen beschäftigt, welche meiner Meinung nach, wenn man in die blauen Augen eines süssen Neugeborenen blickt, völlig an Relevanz verlieren.
Herzlichst,
YoungMum