
Alle paar Meter rollt ein Kinderwagen auf dem Trottoir an ihr vorbei. Sie sind überall. Und überall sind Schwangere. Überall Babys! Kommt es ihr nur so vor oder gibt es einfach sehr viel mehr Schwangere und Babys auf der Strasse? Der Kinderwunsch meiner Freundin Tina ist auch nach 8 Jahren des erfolglosen Probierens immer noch unerfüllt und immer noch gross.
Dabei gibt es so viele kinderlose Paare, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben. Die Reproduktionsmedizin in der Schweiz lässt folgendes zu, um eine Unfruchtbarkeit zu behandeln:
- Insemination: Verkürzt den Weg der Samenzellen zur befruchtungsfähigen Eizelle, da das gereinigte und konzentrierte Sperma mithilfe eines Katheters direkt in die Gebärmutterhöhle geführt wird
- In-Vitro-Fertilisation: Die Samenzellen befruchten die Eizellen in einer Glasscheibe und werden als Embryonen der Frau in die Gebärmutter eingesetzt.
- Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) : Für die Befruchtung wird mithilfe einer Mikropipette ein einzelnes Spermium direkt in eine Eizelle eingeführt. Danach verläuft das Verfahren wie bei der In-Vitro-Fertilisation.
- Samenspende: Mithilfe einer künstlichen Befruchtung oder einer Insemination bei Ehepaaren erlaubt.
Ausser der letzten Option haben Tina und ihr Mann in den letzten Jahren alles probiert und dabei zigtausende von Franken ausgegeben. Sie sind inzwischen beide über 40 Jahre alt (siehe dazu auch den Artikel „Ältere Eltern„). Die Krankenkassen in der Schweiz beteiligen sich ausser der Bezahlung von 3 Inseminationen bis zum 40. Lebensjahr einer Frau nicht an der Reproduktionsmedizin. Bei der letzten erfolglosen In-Vitro Behandlung des Paares hierzulande meinte der Chefarzt ihrer Klinik, dass er ihnen aus den Gründen A und B nicht weiterhelfen könne und dass eine Kontinuation nur zu weiteren Ausgaben, nicht aber zum verhofften Resultat führen würde. Er riet ihnen, eine Eizellenspende im liberalen Ausland in Betracht zu ziehen.
Eine Eizellenspende?
Mit dieser Empfehlung rechneten Tina und ihr Mann nun ganz und gar nicht. Dass diese aus dem Mund eines hiesigen Chefarztes kam, stütze die Notwendigkeit wenigstens einer Erwägung dieser Option. Doch was würden ihre Freunde denken? Wie würde das Kind aussehen?
Genau wie die Leihmutterschaft ist die Eizellenspende in der Schweiz illegal. Ob das hinsichtlich der Tatsache, dass Samenspenden erlaubt ist, fair ist, überlasse ich den Ethikern. Spanien, mit einer weniger strengen Gesetzgebung hat schon seit Beginn der Reproduktionsmedizin vor rund 40 Jahren die Nase vorn und gibt seither das Tempo in Europa an. Von 3 empfohlenen spanischen Kliniken entschieden sich Tina und ihr Mann für die IVI in Valencia, die sogar weltweit einen guten Ruf hat. Der Internetauftritt überzeugte, die Meinungen auf Online-Foren waren positiv und das Babybett im Schlafzimmer bereits aufgestellt.
Vor dem ersten Termin mussten beide eine Reihe von Untersuchungen in der Schweiz durchführen. Die Resultate nahmen sie mit ans Erstgespräch. Nach der Untersuchung folgte sogleich die Spermienabgabe des Mannes – das ging ja schnell! Bezahlt wurde im Anschluss per Banküberweisung. Kostenpunkt: rund 7000 € pro Versuch, jeder weitere 2000 €. Kann man auch blöder ausgeben, meinte das Paar und zahlte.
Liebe Wunscheltern: schätzt ihr unsere schweizerische Servicequalität, jederzeit auf dem neusten Stand der Dinge gehalten zu werden und eine kompetente Auskunft zu erhalten? Dann seid ihr im Lande des Toreros an der falschen Adresse. Nach getätigter Zahlung blieb erstmals der Kontakt aus nach dem Motto: Sie hören von uns. Eine Herausforderung für das Gemüt.
Eine positive Wende in Valencia
Nach überzeugender Intervention, einer neuen Kontaktperson und einer erfolgversprechenden hormonellen Stimulierung der Gebärmutterschleimhaut auf Distanz, hiess es plötzlich: Einsetzen des Embryos in Valencia in 4 Tagen um 16:00. Nichts leichter als das! Die Notlüge auf der Arbeit war schon seit Wochen vorformuliert, Freunden erzählten sie von einem spontanen Weekend-Trip nach Spanien. Auch der teure, kurzfristige Flug musste gebucht werden. Diese Flexibilität muss man mitbringen.
Heute, 8 Monate später schlendert Tina kugelrund mit Baby im Bauch durch die Zürcher Bahnhofstrasse. Aber nicht zu lange, sie muss schnell wieder nachhause fahren, um sich hinzulegen. Die Kinderwagen auf dem Trottoir haben abgenommen und in Tinas Kopf ist Ruhe eingekehrt. Bei ihr hat’s in Spanien geklappt und das bereits nach dem ersten Mal.
Ein Wunder oder pures Kalkül? Das renommierte spanische Reproduktionsinstitut Bernabeo gibt online jedenfalls eine Schwangerschaftsgarantie. Sogar mit Geld-zurück-Garantie. Ist die Reproduktionsmedizin doch kalkulierbarer als man denkt?
Fazit
Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie weit er in Sachen Kinderwunsch geht. Rückblickend empfinden die beiden die Zusammenarbeit in Valencia gar nicht mehr so negativ wie dazumal. Sogar positiv würde es Tinas Mann beschreiben. Ob nun biologische oder genetische Mutter, wie das Kind aussehen wird, was Freunde denken werden – all das ist jetzt irgendwie total egal. Hauptsache schwanger.
Herzlichst, YoungMum